Meldungen aus dem Bezirksverband Braunschweig
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Projekt „Russenfriedhof“ am Unteren Pfauenteich

Haupt- und Realschule Clausthal-Zellerfeld setzt Arbeit an der Geschichts- und Erinnerungstafel fort

Clausthal-Zellerfeld. Nur ein unscheinbares Straßenschild „Kriegsgräberstätte“ an der B 241 weist den Weg zu dem Friedhof, auf dem mehr als 130 sowjetische ZwangsarbeiterInnen und Kriegsgefangene bestattet sind. Der Friedhof selbst, eine traurige, dreieckige Rasenfläche mit zwei Stelen und von einer mannshohen Hecke umwachsen, enthält keinerlei Erklärungen. Die beiden Stelen, die eine mit lateinischen, die andere mit kyrillischen Schriftzeichen, verzeichnen Namen. Von den Umständen, unter denen die Menschen starben, und über die Gründe, warum sie hier bestattet sind, erfahren Besucher nichts.

Dabei liegt der Ort, an dem die Zwangsarbeiterinnen und die Kriegsgefangenen starben in unmittelbarer Nähe: das Werk Tanne, eine der größten deutschen Sprengstofffabriken während des Zweiten Weltkriegs. Heute ist das von den Produktionsrückständen verseuchte Gelände Sperrgebiet.

Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen der Haupt- und Realschule Clausthal-Zellerfeld werden mit ihrem Lehrer Hendrik Gattermann eine Geschichts- und Erinnerungstafel erarbeiten, die endlich die nötigen Informationen über den Ort und die Umstände des Todes der dort bestatteten Menschen vermitteln wird.

Die Schülerinnen und Schüler hatten sich bereits mit dem Thema im Unterricht beschäftigt. Donnerstag, 19. September, unternahmen sie eine Ortbegehung. Ausgerüstet mit einem Fragebogen erschlossen sie den Friedhof. Erstaunt stellten sie fest, dass die Stelen nicht identisch sind und kaum Informationen enthalten. In der Tat sind 1964 aus Ilsede bei Peine die sterblichen Überreste von 18 sowjetischen Kriegsgefangenen auf den Friedhof am Pfauenteich umgebettet worden. Ihre Stele bekam kyrillische Buchstaben. Die Inschriften in lateinischen Buchstaben auf der anderen Stele stellen mehr Fragen als dass sie Antworten geben:

„44 russ. Staatsangehörige, gefallen beim Fliegerangriff 7.10.1944“
„64 hier begrabene russ. Staatsangehörige“
„18 hier begrabene russ. Kriegsgefangene“
„9 unbekannte Russen“

Warum gab es einen Bombenangriff? Wie können „russ. Staatsangehörige“ in Clausthal-Zellerfeld „fallen“? Gehörten sie noch zur kämpfenden Truppe? Warum waren „russische Staatsbürger“ überhaupt in Clausthal-Zellerfeld und warum wurden sie hier bestattet? Wieso blieben einige unbekannt? Unter was für Umständen müssen diese Menschen gelebt haben, dass sie hier verstarben und waren es wirklich alles Russen? Warum sind auch Frauen auf der Stele verzeichnet?

So nahmen die Schülerinnen und Schüler viele Fragen mit, Fragen die sich jeder Besucher des Ortes stellt. Aber die Schülerinnen und Schüler arbeiten daran, Antworten zu finden. Ihre Ergebnisse werden sie auf der Geschichts- und Erinnerungstafel festhalten, damit künftig kein Besucher mehr den Ort ratlos verlässt.


Text und Bilder
Dr. Rainer Bendick, Bildungsreferent Volksbund Braunschweig