Das Gräberfeld 69b war lange Zeit ein vergessener Ort. Nichts erinnerte daran, dass die unscheinbare Rasenfläche ein Massengrab verbirgt. Ein nach dem Zweiten Weltkrieg errichtetes Holzkreuz war über die Jahre vermodert. Zivil- und Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangene sind dort beerdigt worden. Sie hatten während des Zweiten Weltkriegs in den Braunschweiger Rüstungsbetrieben gearbeitet.
Schüler*innen des Gymnasiums Neue Oberschule erarbeiteten im Schuljahr 2019/20 eine Geschichts- und Erinnerungstafel, die nun über den Ort und das Schicksal der dort bestatteten Menschen informiert. Die Tafel ist das Ergebnis einer engen Kooperation der Neuen Oberschule und des Bezirksverbands Braunschweig mit der Gedenkstätte Schillstraße, der Initiative Friedenskapelle und der evangelischen Propstei Braunschweig. Die Propstei ließ auch das Holzkreuz rekonstruieren. Nun die das Gräberfeld als solches wieder erkennbar und mit einem Erklärwerk versehen. Aufgrund der Corona-Krise konnte die Einweihung erst jetzt stattfinden.
Dr. Annette Boldt-Stülzebach dankte im Namen der Stadt Braunschweig dafür, dass die Tafel und das wiedererrichtete Kreuz aus einem „Nicht-Ort“ einen veritablen Erinnerungsort gemacht haben. Der stellvertretende Propst, Peter Kapp, unterstrich diesen Aspekt, indem er auf die Bedeutung von Friedhöfen hinwies: „Wir brauchen solche Orte, die über uns selbst hinausweisen. Friedhöfe sind ein Angebot, eine Erinnerung daran, dass nicht alles glatt und eindeutig ist, sondern dass ein Leben immer mit Brüchen und Abbrüchen, mit Holperstrecken und manchmal mit Schrecken und Schuld verbunden ist. Friedhöfe weisen über die Gegenwart hinaus und lassen an Vergangenes denken. Sie eröffnen zugleich den Blick in die Zukunft. Ewigkeit ist mehr als wir!“ Deshalb sei die Geschichts- und Erinnerungstafel an diesem Ort ein gutes Zeichen und deshalb habe die evangelische Propstei das Kreuz rekonstruieren lassen, um den Gedenkort zu markieren.
Geschäftsführer Michael Gandt verlas die Rede des kurzfristig verhinderten Bezirksvorsitzenden Walter-Johannes Herrmann. Er betonte die Wichtigkeit der Erinnerung: „Diese hier begrabenen Menschen sind Teil unserer Geschichte. Es ist nicht nur eine Frage des Anstandes, sondern eine Pflicht, die uns die Auseinandersetzung mit dieser Zeit auferlegt, dass auch ihre Namen auf den Ehrenfriedhöfen zu lesen sind und wie die Namen aller Kriegsopfer nicht in Vergessenheit geraten Sie alle sind uns Warnung und Mahnung, für ethische Werte einzustehen und diese aus gegen alle Widerstände zu verteidigen.“
Ohne die Arbeit der Schüler*innen und ihres Lehrers, Dr. Gustav Partington, wäre das Gräberfeld 69b aber immer noch eine unscheinbare Rasenfläche. Marten Kohfahl, der Leiter des Gymnasiums Neue Oberschule, unterstrich deren Engagement. Schule lebe von solchen Projekten und von so interessierten Schüler*innen und Kolleg*innen. Das bewiesen abschließend Maik Kucharczyk, Tom Romey und Robert Walz in ihrem persönlichen Rückblick auf die Arbeit an dem Projekt.
Und der Volksbund ist auf Schulleiter wie Marten Kohlfahl und Kolleg*innen wie Dr. Gustav Partington angewiesen. Die Bildungsangebote des Volksbunds liefen ins Leere, würde sie nicht von engagierten Pädagog*innen aufgegriffen und umgesetzt. Die Reaktion der Schüler*innen und der jetzige Zustand des Gräberfelds 69b sind ein starkes Zeichnen für die Wirksamkeit dieser Bildungsarbeit.
Text und Bilder: Dr. Rainer Bendick, Bildungsreferent